Vor dem Einstieg in den Hausbau lohnt es sich immer, gebaute Beispiele unter die Lupe zu nehmen. Dafür gibt es Musterhäuser. Das sind Hausideen in Originalgröße – von außen und innen erlebbare Planungsideen. Wir geben einen Überblick, wo sie zu finden sind und auf was es beim Besuch zu achten gilt.
Wer als Laie zum ersten Mal baut, hat normalerweise wenig oder gar keine Übung darin, sich anhand von Zeichnungen und Skizzen ein fertiges Haus vorzustellen. Und weil die meisten Familien nur ein einziges mal bauen, haben fast alle dieselben Schwierigkeiten mit der Planung.
Haben Sie beispielsweise eine genaue Vorstellung davon, wie viele Möbel in eine 35-Quadratmeter-Wohnzimmer passen? Können Sie sich richtig vorstellen, wie die Diele, die offene Treppe und die Galerie darüber wirken werden, wenn Sie alles nur gezeichnet auf einem kleinen Plan sehen? Auch die bunten 3D-Animationen auf dem Computerbildschirm zeigen kein wirklich realistisches Bild. Deshalb sollte es vor dem Hauskauf unbedingt heißen: Musterhäuser besichtigen!
Rund 1000 Musterhäuser stehen in Deutschland
Doch was genau ist ein „Musterhaus“? Nun, ganz profan erklärt, handelt es sich dabei um ein fertig gebautes und komplett eingerichtetes Haus – von der Heizungs-, Sanitär- und Elektroinstallation bis hin zur Inneneinrichtung und Dekoration sämtlicher Zimmer –, das besichtigt werden kann. Um angehenden Bauleuten – und damit potenziellen Kunden – die Möglichkeit zu geben, sich über Architekturtrends, innovative Haustechnik und moderne Raumkonzepte zu informieren, haben alle namhaften deutschen Fertighaushersteller, aber auch Massivhausanbieter, insgesamt rund 1000 Musterhäuser erstellt. Sie stehen zum Teil als Einzelobjekte oder in kleinen Gruppen auf dem Gelände der Hausbaufirmen oder vereinzelt auch in echten Wohngebieten. Die Adressen findet man über die Website des jeweiligen Unternehmens – allerdings ist hierbei in der Regel eine Terminabsprache erforderlich.
Fast 500 Musterhäuser sind in den großen Ausstellungen zusammengefasst, für die sich durchaus ein längerer Anfahrtsweg oder ein Wochenendausflug lohnt.
Hier können Baufamilien einfacher herausfinden, was ihnen gefällt und was für sie wichtig ist. Denn in den 1:1-Modellen lassen sich Raumaufteilung, Fensteranordnung, Größe, Verarbeitungsqualität und Möblierung viel leichter beurteilen als auf Skizzen und Zeichnungen. Und beim Gang durch ein Haus wird schnell klar, ob beispielsweise Erker oder Wintergarten, Windfang oder Gauben nur mehr oder weniger hübsche Accessoires sind oder ob sie zusätzlich Platz und mehr Wohnkomfort schaffen. Da lässt sich dann auch mal ausprobieren, ob Geräusche von der Galerie möglicherweise im Wohnraum stören. Oder es kann festgestellt werden, wo es einen Abstellplatz für den Kinderwagen gibt, wie sich ein Kniestock im Dachgeschoss auf die Möblierbarkeit eines Zimmers auswirkt und welche Auswirkungen Dachfenster und Gauben auf die Belichtung eines Raumes haben. Das gilt gleichermaßen für die repräsentative Villa wie fürs kompakte Familienhaus. Auch unterschiedliche Grundrisslösungen lassen sich im direkten Nebeneinander am besten vergleichen.
Musterhäuser sind immer nur Beispielhäuser
Natürlich muss man sich nicht auf eines der Musterhäuser festlegen. Schließlich sollen diese nur als Anregung dienen, bzw. zeigen was die jeweilige Baufima architektonisch und technisch so alles drauf hat. Die planerische Freiheit im Fertigbau erlaubt es, zahllose architektonische Varianten zu verwirklichen und eigene Vorstellungen mit den Vorschlägen der Hersteller zu verknüpfen.
Das Problem in den Ausstellungen jedoch ist, dass hier zehn, zwanzig, ja teilweise über 60 Häuser an einem Ort zusammenstehen. Da verliert man leicht den Überblick, die Entscheidungsfindung ist nicht möglich. Darum unser Tipp: Nehmen Sie sich drei Ausstellungsbesuche vor:
- den ersten für einen allgemeinen Überblick,
- den zweiten für eingehendere Informationen und
- den dritten für die Klärung letzter Details sowie eine erste Angebotsrunde.
Dabei gilt: je besser Sie auf die einzelnen Termine vorbereitet sind, desto effektiver werden sie ausfallen. Für den ersten Besuch sollten Sie daher folgende Dinge dabei haben:
- Notizbuch oder Skizzenblock, weicher Zeichenstift nebst Spitzer und Radiergummi
- ein Rollbandmaß mit drei Metern Länge
- Fotoapparat mit Weitwinkel-Objektiv.
Erster Ausstellungsbesuch
Beim ersten Ausstellungsbesuch stehen Umschauen, Anschauen und Reinschauen auf dem Programm. Schlendern Sie anfangs erstmal quer durch die ganze Musterhaussiedlung. Das gemeinsame Umschauen dient dazu, erste Weichen zu stellen. Im Vordergrund kann dabei zunächst ruhig nur die Optik des Hauses stehen.
Beim ersten Vergleich der Musterhäuser geht es auch darum, ein Gefühl für die baulichen Dimensionen zu bekommen. Eine der wichtigsten Fragen lautet dann nämlich: Wieviel Haus brauchen wir eigentlich? Zur Beantwortung muss man natürlich auch in die Häuser hineinschauen, um das Raumangebot mit der Zahl der Zimmer usw. zu sehen. Eine zu intensive Beschäftigung mit Ausstattungsdetails lenkt in dieser Phase übrigens nur vom Wesentlichen ab. Auch braucht man sich beim ersten Besuch nicht gleich in tiefe Gespräche mit dem Verkaufsberater einlassen. Man trifft ihn in der Regel in jedem Musterhaus einer Ausstellung. Sicher ist dieser der ersten Ansprechpartner für alles, was Sie vor Baubeginn wissen und entscheiden müssen. Aber wie der Name schon sagt, will er in in erster Linie verkaufen. Scheuen Sie sich nicht, gleich offen zuzugeben, dass Sie selbstverständlich mit anderen Hausbaufirmen in Kontakt stehen und die Angebote vergleichen möchten. Ist der Verkäufer dann immer noch genauso freundlich wie vorher, ohne Sie dabei zu bedrängen, so spricht das für ihn.
Weil man sich bestimmt nicht alles merken kann, ist es ratsam, vom Berater Prospekte mit Maßangaben zu verlangen und sich darin gegebenenfalls besondere Eindrücke zu vermerken. Darüber hinaus hilft der Fotoapparat als Gedächtnisstütze. Lichten Sie alle Häuser ab, die Ihnen spontan gefallen. Und zwar von allen Seiten (weil in Prospketen meist nur die „Schokoladenseiten“ abgebildet sind).
Viel Sonderausstattung kostet auch viel Geld
Falls Sie nach dem Hauspreis fragen: Seien Sie auf einen Schreck gefasst. Die meisten Angaben dürften Normalverdiener schwindelig machen. Doch die hohen Preise rühren in der Regel von der Größe und der üppigen Ausstattung her, die aber durchaus auf ein solides „Normalmaß“ zurückgestutzt werden
können. Denn in so ein Musterhaus, das die Hersteller auch eine Stange Geld kostet, packen diese daher meist so ziemlich alles rein, was sie zu bieten haben. Dazu gehören zahlreiche Sonderaustattungen, die im Standardangebot nicht enthalten sind – die man aber auch nicht unbedingt braucht. Auf alle Fälle kommt man vom ersten Besuch einer Musterhaus-Ausstellung mit einer Vielfalt von Anregungen und Prospekten nach Hause. Das alles muss sich dann etwas setzen und gesichtet werden, damit man den Kreis der Anbieter auf die interessantesten eingrenzen kann.
Zweiter Musterhausbesuch
Mit dieser Vorauswahl beginnt die Vorbereitung auf den zweiten Musterhausbesuch, der zur Prüfung des jeweiligen Preis-Leistungsverhältnisses dient. So wichtig wie Grundrisse und Raumdimensionen ist dabei auch die Bauqualität. Der berühmte Klopftest an der Fertighauswand sagt allerdings wenig über den Wandaufbau aus. Dennoch kann das aufmerksame Hinhören z.B. beim Deckenschallschutz oder der Lüftungsanlage durchaus sinnvoll sein. Vorher sollte man allerdings fragen, ob die gezeigten Details auch dem aktuellen bautechnischen Stand des Herstellers entsprechen – schließlich gehören Fertighausanbieter zu den innovativsten der Baubranche und nicht jede Neuheit wird sofort in allen Musterhäusern demonstriert.
Besichtigungstermin
Wenn sich die Eindrücke des zweiten Ausstellungsbesuchs gesetzt haben, wenn alle Argumente nochmals durchdacht wurden, kann die Baufamilie mit zwei, drei Hausanbietern in die dritte Besichtigung einsteigen. Jetzt kann man mit dem Verkaufsberater im Musterhaus einen Termin vereinbaren.
Vor Ort geht es dann um die Abfrage letzter Details. Es ist gut wenn die Bauaspiranten nun schon recht klare Vorstellungen äußern können. Und zwar dahingehend, wie das Musterhaus auf die eigenen Wünsche zugeschnitten werden könnte oder man steigt, ausgehend von Katalogentwürfen, in die konkrete Diskussion ein. Es können aber auch eigene Skizzen und Entwürfe sein, die als Grundlage für das Beratungs- und Verkaufsgespräch dienen. Damit so ein Gespräch wirklich zu einem Ergebnis führt, sollten zu diesem Zeitpunkt auch bereits möglichst klare Fakten über den Finanzierungsrahmen auf dem Tisch liegen.