In Gustave Flauberts „Wörterbuch der Gemeinplätze“ findet sich unter dem Stichwort Architekten der Eintrag: „Lauter Trottel. Vergessen immer die Treppen.“ Diese überspitzte Bemerkung darf natürlich nicht zu ernst genommen werden, kann aber als Anregung für angehende Bauherren gesehen werden.
Denn wer sich nicht selbst Gedanken macht, bekommt am Ende oft die platzsparende, halbgewendelte Standard-Treppe in einer engen, dunklen Nische. Das muss nicht schlecht sein. Doch: Je weniger Raum der Treppe zugestanden wird, desto enger, steiler und unbequemer wird sie. Wer etwas großzügiger plant, gewinnt mehr Sicherheit, Komfort und Wohnwert.
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Am Anfang der Planung steht die Frage nach der Lage. Soll die Treppe offen im Wohnraum liegen oder lieber separat in der Diele? Bei der ersten Variante kann die Treppe als skulpturaler Raumteiler oder Möbelstück dienen, das richtig Stauraum schafft – oder einfach schön aussieht. Der Wohnraum rückt damit stärker ins Zentrum des Geschehens, wird quasi zum Teil der Erschließungsfläche, die beiden Geschosse wachsen akustisch und optisch enger zusammen. Wenn Kinder im Haushalt leben, bekommen die Eltern eher mit, wer im Haus und Jugendzimmer ein und aus geht.
Liegt die Treppe separat in der Diele – die ja auch mehr oder weniger offen an den Wohnraum angeschlossen werden kann – ist mehr Privatsphäre garantiert. Auch kann dann das Obergeschoss später eventuell abgetrennt und separat genutzt werden, wenn die Kinder erwachsen sind. Entscheidend ist auch, ob ein Kellerabgang innerhalb des Hauses gewünscht ist. Handelt es sich um einen unbeheizten Keller, muss die Treppe nach unten aus energetischen Gründen vom Wohnraum abgetrennt sein.
Spindeltreppen
Wichtig ist auch, dass der Treppenantritt nicht zu dicht hinter der Haustür liegt, was leider im Einfamilienhaus aus Platzgründen in vielen Standardgrundrissen der Fall ist. Keinesfalls sollte bei offen stehender Haustür der Aufgang versperrt sein, außerdem ist es nicht so schön, wenn man morgens barfuß auf dem Weg vom Schlafzimmer in die Küche über den dreckigen Fußabtreter vor der Haustür laufen muss.
Der nächste grundsätzliche zu klärende Punkt betriffft die Form der Treppe. Am sichersten und bequemsten zu begehen sind gerade Treppen, bei denen alle Stufen am rechten und linken Rand gleich breit sind. Möglich sind hier einläufige Modelle oder U- und L-förmige Podesttreppen. Diese Treppen benötigen in der Regel etwas mehr Platz, weswegen im Einfamilienhaus oft halb- oder viertelgewendelte Treppen eingebaut werden, bei denen die Stufen in den Kurven „verzogen“ sind. Grundsätzlich kann auch eine solche Treppe gut zu begehen sein, wenn sie nicht zu eng geplant wird. Wer allerdings öfter sperrige Gegenstände, volle Wäschekörbe oder schlafende Kinder nach oben tragen muss, wird sich im Alltag über eine gerade Treppe freuen. Außerdem lassen sich darunter gut Einbauschränke unterbringen, was den erhöhten Platzbedarf wieder relativiert.
Gewendelte Treppen
Runde Wendeltreppen oder sogar Spindeltreppen sind in der Regel als notwendige Haupterschließung in einem Wohnhaus nicht praktikabel.
Je nach Form und Breite nimmt die Treppe mehr oder weniger Raum ein. Eine gerade, einläufige Treppe benötigt etwa zehn bis 12 Quadratmeter, eine zweiläufige gerade Treppe mit Wendepodest neun bis zehn Quadratmeter, eine halb oder viertelgewendelte Treppe kommt je nach Grundriss und Breite mit sechs bis neun Quadratmetern Fläche aus. Neben der Treppenform stellt sich auch die Frage nach der gewünschten Konstruktion. Hier geht es schon mehr ins gestalterische, denn sie hängt eng mit der Materialwahl und der gewünschten Optik zusammen. Soll die Treppe leicht und fili-gran wirken, also mit offenen Stufen ausgeführt sein, können die Sufen von seitlichen Wangen getragen sein (Wangentreppe), auf einem Holm aufliegen (Holmtreppe), als abgehängte Harfentreppe ausgeführt sein oder sogar mit eingespannten, optisch frei schwebenden Stufen ausgeführt werden, wenn die Konstruktion der angrenzenden Wand dies statisch tragen kann.
Geradläufige Treppen
Zu bedenken ist bei offenen Treppen die höhere Unfallgefahr, wenn Kleinkinder im Haus sind, die durch die Stufen rutschen könnten. Wer eine größere Stufendicke wählt und den Abstand damit verkleinert, kann dieses Risiko minimieren. Auch bei geschlossenen Treppen gibt es optisch sehr schöne Gestaltungsmöglichkeiten, zum Beispiel Faltwerktreppen, bei denen Tritt- und Setzstufen eine Einheit bilden, die optisch wie ein gefaltetes Blatt Papier nach oben führt.
Materialwahl beeinflusst Kosten und Sicherheit
Als Materialien kommen im Einfamilienhaus häufig Holz- oder Holz-Stahl-Kombinationen zum Einsatz, gerade Treppen werden gelegentlich auch in Sichtbeton ausgeführt. Hier spielt natürlich der Preis eine entscheidende Rolle. Als groben Richtwert kann man mit mindestens 2000 Euro pro Geschoss rechnen. Massive Hartholztreppen gibt es ab etwa 3.000 Euro. Bei individuellen Luxus-Ausführungen kann der Preis bis auf weit über 10.000 Euro steigen.
Viertelgewendelte Treppen
Das gewählte Material beeinflusst außerdem die Sicherheit und nicht zuletzt den Schallschutz, wobei letzterer im Einfamilienhaus meist kein großes Thema ist. Je nachdem, wie die Treppe an der Wand befestigt ist und ob die Stufen mit einem harten Material oder beispielsweise Teppich belegt sind, ergibt sich ein merklicher Unterschied. Wer mit vielen Kindern im Haus lebt, lärmempfindlich ist, später das Obergeschoss separat nutzen will oder ein Doppelhaus baut, sollte beim Thema Schallschutz gezielt beim Treppenplaner nachfragen.
Ein möglichst rutschhemmendes Material auf den Stufen erhöht die Sicherheit, ebenso wie ein nicht zu enger Treppengrundriss und ein vernünftiges Geländer. Die baurechtlichen Mindestanforderungen werden in der DIN 18065 definiert. Hiernach muss die Laufbreite einer notwendigen Treppe im Wohnhaus mindestens 80 cm betragen – besser sind aber 90 oder 100 cm. Außerdem darf die lichte Durchgangshöhe an keiner Stelle der Treppe weniger als 200 cm betragen, damit sich niemand den Kopf stößt.
Freie Seiten müssen als Sicherung gegen Absturz mit einem mindestens 90 cm hohen Geländer versehen sein, wenn sie an Flächen grenzen, die mehr als 100 cm tiefer liegen. Das ist in der Regel ab der fünften oder sechsten Stufe der Fall, weswegen Geländer manchmal erst hier ansetzen. Geländerstäbe sollten nicht mehr als 12 cm auseinanderliegen, damit kein Kinderkopf dazwischen rutscht oder stecken bleiben kann. Läuft die Treppe zwischen zwei Wänden, erhöht ein gut greifbarer Handlauf die Sicherheit zusätzlich.
Podest Treppen
Allerdings sind in privaten Einfamilienhäusern immer wieder schicke Treppen ohne Geländer oder Absturzsicherung zu sehen. Rechtlich möglich ist das, da Treppen in privaten Wohnhäusern innerhalb einer Wohneinheit von dieser Auflage ausgenommen sind. Ob man aus optischen Gründen auf eine Absturzsicherung verzichten will, sollte sich jede Baufamilie gut überlegen. Schließlich können auch fast unsichtbare Glasscheiben zum Einsatz kommen.
Grundsätzlich gilt, dass Form, Größe und Lage der Treppe später nur mit großem Aufwand geändert werden können. Deshalb lohnt es sich, der Treppe bei der Planung etwas mehr Zeit und Raum zu gönnen.