Wenn jeder Schritt und jeder Ton im Haus die Konzentration stört, jedes Rinnsal, das durch die Wasserleitungen plätschert, die Nerven drangsaliert und selbst normal geführte Gespräche im Nebenzimmer den Schlaf rauben, dann tendiert die Wohnqualität auch im Eigenheim auf Dauer gegen Null. Ganz zu schweigen von den gesundheitlichen Schäden, die ständige Geräuschpegel verursachen.
Schalldruckpegel
Nach den Messungen der Bundesvereinigung Initiative Hören e.V. wird die Schlafqualität schon bei einem Schalldruckpegel von unter 50 Dezibel (dB) beeinträchtigt – so laut sind allenfalls die üblichen Bewegungs- und Handlungsgeräusche von Menschen in einem Wohnzimmer. Keine Frage: Der Schallschutz stellt einen zentralen, dauerhaften Komfortaspekt dar und sollte deshalb keinesfalls unterschätzt werden.
Bauherren von Einfamilienhäusern sollten einen effektiven Schallschutz deshalb noch im Planungsstadium unter Dach und Fach bringen. „Ist das Haus erst mal eingerichtet, ist es nur noch unter großen Schwierigkeiten möglich, diese Mängel auszugleichen“, sagt Andreas Garscha vom Verband Privater Bauherren (VPB), Regionalbüro Stuttgart. In so einem Fall müssten Wände wieder aufgerissen, die Leitungen darunter isoliert und vielleicht auch noch Böden neu gelegt und verklebt werden.
Deshalb rät Garscha, geeignete Schallschutzmaßnahmen schon im Vorfeld mit dem Architekten oder dem Bauunternehmer vertraglich festzulegen. Aufgrund der Erfahrungen solle man sich nicht darauf verlassen, der Bauträger möge den besten Schallschutz schon irgendwie berücksichtigen. „In den meisten Fällen werden die Bauherren nicht korrekt über den Schallschutz aufgeklärt“, weiß der Diplom-Ingenieur und Freie Architekt aus Sindelfingen zu berichten. Fehle jedoch eine Vereinbarung über den zu erbringenden Schallschutz und ergebe sich aus dem Vertrag nicht weiter, dass ein bestimmtes Schallschutzmaß einzuhalten ist, bleibe der Unternehmer den Schallschutz nach den „anerkannten Regeln der Technik“ schuldig.
Schallschutz vertraglich festlegen
Die meisten Vertragsmodelle enthalten tatsächlich keine besonderen Vereinbarungen zum „erhöhten Lärm- oder Schallschutz“. Was Bauherren im Zweifelsfall zu, meist teuren, Nachverhandlungen zwingt. Im wohlwollenden Fall machen sich Bauträger schlicht keine Gedanken um den Schallschutz und formulieren aus lauter Bequemlichkeit die gängige DIN-Norm 4109. Übersehen wird dabei aber oft, dass es noch zwei andere Regelwerke gibt: das „Beiblatt 2“ zur DIN 4109 sowie die VDI 4100, wovon letztere zwei weitere Schallschutzstufen für erhöhte Anforderungen kennt.
Besagte DIN 4109 hat jedoch zwei gravierende Nachteile: Zum einen stammt sie aus der Zeit der Wiedervereinigung, zum anderen sind dort nur jene Mindestanforderungen enthalten, die den „anerkannten Regeln der Technik“ nicht entsprechen. Einfamilienhäuser und deren innere Geräuschpegel kommen darin zwar vor, werden jedoch nicht ausreichend gewürdigt. Seit 20 Jahren doktern Industrie und Bauexperten nun an einer Novelle dieser Norm herum, „doch Ergebnisse sind noch lange nicht in Sicht“, winkt Garscha ab.
Mit dem „Beiblatt 2“ enthält die DIN 4109 seit geraumer Zeit zwar eine Modifizierung für einen „erhöhten vorbeugenden Schallschutz im Hochbau“. Nach dem Rat von Experten sollten sich Bauherren von Einfamilienhäusern neben letzterer DIN oder der VDI 4100 unbedingt die sogenannten „anerkannten Regeln der Technik“ vertraglich zusichern lassen, um einen ausreichenden Schallschutz zu erhalten. „Das bedeutet, dass Schallschutzmaßnahmen angewandt werden, die sich allgemein bewährt haben“, erklärt Diplom-Ingenieur Garscha. Und die sind in der Regel auch juristisch durchsetzbar.
Die „anerkannten Regeln der Technik“ (aRdT) beinhalten sowohl das Baumaterial als auch die Baumaßnahmen. So hat sich zum Beispiel schon seit vielen Jahren der schwimmende Estrich als nahezu lärmneutraler Boden allgemein bewährt und sich in der Praxis etabliert. Damit er funktioniert, ist allerdings eine professionelle und fehlerfreie Verlegung des Unterbodens notwendig: Von der jeweiligen tragenden Geschossdecke sowie den flankierenden Wänden muss er durch eine Dämmstoffschicht und Randstreifen komplett entkoppelt werden. „Ansonsten entsteht eine klassische Schallbrücke“, sagt Garscha, „genauso wie nicht oder nur unzureichend isolierte Leitungen in den Wänden.“
Schallbrücken vermeiden
Als besonders kritische Schallbrücken erwiesen sich zudem wasserführende Leitungen. „Wenn die nicht mit Klemmen, Manschetten oder Hülsen schallentkoppelt sind, bevor sie zubetoniert werden, hören Sie später jedes kleine Rinnsal.“ Zur anerkannten Regel der Technik zählt auch die Trittschalldämmung, die insbesondere auf den Dach- oder Spitzböden sowie unter Holzböden perfekt verlegt sein sollte. Ansonsten hallt von dort jeder Schritt durchs ganze Haus.
Zudem sollten Bauherren dicke Türen und dichte Fenster wählen, „denn der Schall sucht sich meistens das schwächste Bauteil, um sich fortzubewegen“, erklärt Bauexperte Garscha. Wer direkt an der Straße oder in unmittelbarer Nähe zu Bahntrassen baut, sollte sich deshalb für Fenster mit einer höheren Schallschutzklasse entscheiden.
Wer sich für ein Reihenhaus oder eine Doppelhaushälfte interessiert, muss sich besonders um den Schallschutz zum angrenzenden Gebäude kümmern. Zum direkt anliegenden Nachbarn müssen zwei, schalltechnisch komplett entkoppelte Haustrennwände vorgesehen werden. Doch egal ob Doppelhaushälfte oder Einfamilienhaus: Wer vor Baubeginn die Art und die Qualität der äußeren Lärmquellen des Standorts feststellen möchte, sollte sich an seine örtliche Verwaltung wenden und dort um eine lokale Lärmkarte bitten.
Auch die Akustik im Inneren des Hauses kann Probleme mit sich bringen. Die vor allem in modernem Wohnambiente beliebten glatten und harten Oberflächen reflektieren Schall, wodurch es zu unangenehmen Halleffekten kommen kann. Diese können aber durch innenarchitektonische Maßnahmen gemindert werden: Weiche, raue und offenporige Oberflächen, also z.B. Wohntextilien jeglicher Art und spezielle Innenausbaumaterialien wie Schallabsorber, dämpfen den Schall in Wohnräumen. Vor allem bei den heute beliebten, offenen Grundrissen sollte die Raumakustik mit dem Planer thematisiert werden, damit rechtzeitig entsprechende Maßnahmen getroffen werden können.
Gerade weil das Thema Schallschutz so komplex ist, empfiehlt Andreas Garscha Bauherren sich von Anfang an von einem unabhängigen Experten beraten zu lassen, bestenfalls so
llte man die Baubeschreibung eines Einfamilienhauses bereits vor dem Vertragsabschluss durchsehen lassen, „damit in Unkenntnis der Regeln keine ungewollten Abmachungen getroffen werden“.
Sorgfältige Ausführung für Schallschutz entscheidend
Dabei erfordert die Einhaltung der Regeln von der Bauleitung mehr Sorgfalt als Aufwand. Denn wegen der vielen möglichen Fehler und der erheblichen Auswirkungen auch noch so kleinster Fehlstellen, ist eine Kontrolle noch während der Ausführung sehr zu empfehlen, etwa durch einen Berater des VPB, der sich auch als Verband für Verbraucherschutz im Bausektor versteht.
„An dieser Stelle sollte man nicht sparen, denn so hoch sind die Kosten für einen wirksamen Schallschutz auch wieder nicht“, sagt Garscha. Besseres Baumaterial und mehr Einsatz bewirkten letztlich einen sehr viel höheren Standard. Die Höhe der Kosten für eine baubegleitende Qualitätskontrolle taxiert er zwischen 0,5 und einem Prozent der Bausumme.
Technisch versierte Bauherren, aber auch Architekten, Bauakustiker und Bauplaner können sich diesbezüglich einer Software bedienen: Die KS-Original GmbH, ein Hersteller von Kalksandsteinen, hat einen digitalen Schallschutzrechner programmiert, der alle Wege von Schallübertragungen in einem Haus darstellen kann und nach Eingabe aller relevanten Werte die notwendige Schalldämmung berechnen kann.
Neben Kalksandstein kann die Software aber auch andere Massivbaustoffe wie zum Beispiel Ziegel, Beton oder Porenbeton in die Berechnungen einbeziehen. Auf diese Weise können Gebäude schon vorab am Computer schalltechnisch optimiert werden.