Ist Wärmedämmung ein Kostentreiber – oder sogar ein Sicherheitsrisiko? Wir erklären, warum das so pauschal nicht stimmt, was Dämmung leisten kann und weshalb guter Wärmeschutz wichtig ist.
Bauen wird immer teurer. Gelegentlich ist zu hören, daran sei der gesetztlich verordnete „Dämmwahn“ schuld – doch wie so oft ist das Ganze etwas komplexer. Richtig ist, dass höhere energetische Anforderungen die Preise für Eigenheime steigen lassen. So hat der „Verband Privater Bauherren e.V.“ (VPB) errechnet, dass sich mit der Einführung der Energie-Einsparverordnung (EnEV 2014) das Bauen um bis zu zehn Prozent verteuert hat. Davon entfällt allerdings nur ein kleiner Teil auf Dämmarbeiten. Auch die gestiegene Nachfrage, Grundstücks- und Rohstoffpreise sowie höhere Ausstattungs-Ansprüche treiben die Preise nach oben.
2016 trat eine weitere Verschärfung der EnEV in Kraft, welche die Anforderungen an die Dämmung im Schnitt um weitere 20 Prozent erhöht hat. Wer neu baut, kommt also um eine gut gedämmte Gebäudehülle nicht herum. Allerdings bekommt der Kunde dafür im besten Fall auch mehr Wohnqualität. Denn in einem gut gedämmten Haus mit wärmeren Wandoberflächen fühlen Menschen sich nachweislich wohler. Außerdem wird weniger Heizenergie benötigt, um angenehme Temperaturen im Haus zu erreichen und zu halten.
Darüber hinaus sinkt das Risiko für gesundheitsschädliche Schimmelbildung, denn dieser gedeiht dort besonders gut, wo die in der Raumluft enthaltene Feuchtigkeit an zu kühlen Oberflächen kondensiert. Ein gesundes Wohnklima setzt voraus, dass es keine Wärmebrücken gibt und das Haus absolut dicht ist, damit keine warme und feuchte Luft in die Konstruktion eindringen kann.
Im Winter warm, im Sommer kühl: Gute Dämmung unterm Dach machts möglich. Foto: Bauder
Womit wir gleich beim nächsten Vorurteil wären: Gedämmte Häuser seien zu dicht, die Luft deshalb schlecht und feucht, hört man oft von Kritikern. Mit der Dämmung hat das allerdings nichts zu tun. Auch bei einer ungedämmten, homogenen Bauweise findet Dampfdiffusion durch die Wand nur in so geringem Maße statt, dass es nicht zum Abführen der Raumluftfeuchte reicht. Die einzige Stelle, an der Gebäude „atmen“, sind deren undichte Fugen, die aber wegen unkontrollierter Wärmeverluste und Feuchteschäden zu vermeiden sind. Regelmäßiges manuelles Stoßlüften oder eine kontrollierte Lüftungsanlage sind unabdingbar für frische Luft im Haus.
Ist Wärmedämmung ökologisch und gesund?
Die ökologische und gesundheitliche Bewertung von Wärmedämmung ist ein weites Feld. Jedes Material hat spezifische Vor- und Nachteile, die bezüglich der konkreten Anforderungen des Bauprojekts abgewogen werden müssen. Für die Dämmung stehen mineralische, synthetische und nachwachsende Rohstoffe zur Verfügung. Zu den mineralischen Baustoffen zählen unter anderem die bekannte Steinwolle und Glaswolle, die meistens in Form von formbaren Faserplatten, aber auch als Einblasdämmung erhältlich sind.
Zu den synthetischen Kunststoffschäumen, die aus Erdöl hergestellt werden, zählen Polyuretan und Polystyrol. Diese Materialien kommen meist als Hartschaumplatten zum Einsatz und können auch im Erdreich, also zur Kellerdämmung eingesetzt werden.
Bei den nachwachsenden Rohstoffen werden sowohl pflanzliche als auch tierische Materialien eingruppiert wie Holz-, Zellulose-, Hanf- oder Kokosfasern, aber auch Schafwolle. Diese Materialien können gut als Einblasdämmung zwischen Holzständern eingesetzt werden, sind aber teilweise auch als Plattenmaterial verfügbar.
Nicht brennbare Dämmstoffe aus Glas- oder Steinwolle werden vor allem zwischen Holzständern oder Sparren, aber auch als Wärmedämm-Verbundsystem (WDVS) auf der Außenwand eingesetzt. Foto: FMI
Weit verbreitet in der Fassadendämmung – da preisgünstig – sind Hartschaumplatten, die oft für sogenannte durchgehende Wärmedämm-Verbundsysteme (WDVS) an Außenwänden eingesetzt werden. Sie haben eine sehr hohe Dämmwirkung und ermöglichen dünnere Dämmschichten.
Obwohl sie als schwer entflammbar klassifiziert sind, stehen sie teilweise als gefährliche „Brandbeschleuniger“ in Verruf. Im fachgerecht eingebauten Zustand im Einfamilienhaus sollte dies allerdings kein Problem sein. Die teilweise als gesundheitsgefährdend eingestuften Flammschutz-Mittel mit HBCD sind mittlerweile durch unbedenkliche Stoffe ersetzt worden. Außerdem sollte man wissen, dass in Wohngebäuden die höchste Brandgefahr nach wie vor von der Inneneinrichtung und nicht von der Dämmung ausgeht.
Nicht brennbar sind hingegen mineralische Dämmstoffe. Sie können sowohl zwischen tragenden Holzständern oder Dachsparren als auch für Wärmedämm-Verbundsysteme eingesetzt werden. Mineralfasern waren zwar im Zuge des Asbestskandals in Verruf geraten, doch mittlerweile haben die Hersteller Produkte entwickelt, die keine lungengängigen Partikel mehr enthalten. Da die Dämmung nicht in Verbindung mit der Raumluft steht, sind negative Einflüsse während der Wohnnutzung nicht zu befürchten.
Graue Energie
Dämmungen aus nachwachsenden Rohstoffen haben meist eine etwas geringere Dämmwirkung. Um bessere Brandschutzeigenschaften zu erhalten, werden manche beispielsweise mit Borsalzen behandelt, teilweise kommen auch Pestizide zur Vermeidung von Schädlingsbefall zum Einsatz.
Für die ökologische Betrachtung ist aber auch die für Herstellung und Transport benötigte Energie (graue Energie) und die Recycling-Fähigkeit wichtig. Mineralische Dämmstoffe landen in der Regel auf Bauschuttdeponien, synthetische und nachwachsende Materialien werden meist verbrannt und im besten Fall die entstehende thermische Energie genutzt. Lassen sich die Materialien beim Rückbau sauber trennen, ist auch ein Recycling möglich.
Ist die Bodenplatte gut gedämmt, bleibt der Fußboden angenehm warm. Hier kommen vor allem druckstabile Dämmungen aus Hartschaum zum Einsatz. Foto: IVPU
Ein Beispiel für die schwierige Beurteilung der Energiebilanz sei hier die Holzfaserplatte: Sie hat gute Dämmeigenschaften, auch gegen sommerliche Hitze und Lärm, zum Wachstum nutzt der Baum Sonnenenergie und bindet das klimaschädliche CO2. Zur Herstellung der Dämmplatten wird allerdings im Vergleich zu anderen nachwachsenden Dämmstoffen viel Energie benötigt, um die Holzfasern aufzuschließen.
Mancher stellt sich hier die Frage, ob für die Dämmstoff-Herstellung am Ende mehr Energie aufgewendet werden muss, als sie je einsparen hilft. Die
energetische Amortisationszeit schwankt je nach Material erheblich. Während für die Herstellung Zellulosefasern weniger als 100 kWh/m3 aufgewendet werden, sind für die Produktion von Hartschaumplatten bis zu 1300 kWh/m3 erforderlich. Trotzdem belegen zahlreiche Studien, dass sich die Dämmung in der Regel nach weniger als zwei Jahren energetisch amortisiert hat.
Wie lange es dauert, bis sich eine bessere Wärmedämmung wirtschaftlich rechnet, hängt unter anderem von der Entwicklung der Energiepreise ab. Wer neu baut hat die Chance, vom Baupartner ein ganzheitliches Gebäudekonzept einzufordern, das die Dämmung auch im Hinblick auf die gesamte Energiebilanz optimiert.