Es kann verschiedene Gründe haben, warum ein Bauprojekt nicht wie geplant fertig wird. Rechtsanwalt Dr. Andreas Bahner rät, besonders auf die Regelungen der Bauzeit im Bauvertrag zu achten.
Bei der Erstellung eines Bauvertrags sollten Bauherren in vielerlei Hinsicht an die Bauzeit denken. Die wichtigste Regelung ist: Wie viel Zeit veranschlagen Bauunternehmer und Bauherr zur Fertigstellung des Baus? Das zum 1. Januar 2018 in Kraft tretende Verbraucherbauvertragsrecht gibt vor, dass Bauverträge mit privaten Bauherren zwingend festlegen müssen, wann das Bauobjekt fertiggestellt sein wird. Ist dies nicht möglich, so muss jedenfalls angegeben werden, wie lange die Maßnahme dauert. Diese Regelung soll zum einen Planungssicherheit für die Bauherren gewährleisten, zum anderen aber auch Eingriffsmöglichkeiten bieten, wenn ersichtlich wird, dass ein Bauunternehmer die Leistungen nur schleppend vorantreibt. Oft finden sich in Bauverträgen – nicht nur privater Bauherren – Regelungen, dass die Leistungen „auf Abruf“ beginnen und „gemäß noch zu erstellendem Bauzeitenplan“ oder gar „nach Möglichkeit“ fertiggestellt werden. Die Warnungen davor, solche Klauseln zu vereinbaren, können nicht laut genug sein – denn sie ermöglichen den Unternehmern, die Aufträge nach Gusto und Wirtschaftlichkeit zu sortieren und beseitigen jede Planungssicherheit. Auch Eingriffe, etwa Leistungsaufforderungen, verhallen hier oft ungehört. Fakt ist: Die Vertragspartner sollten die konkrete Bauzeit so präzise wie möglich vereinbaren, am besten mit einem genauen Fertigstellungsdatum, der vorgesehenen Gesamtdauer der Maßnahme und der Angabe, ob der Unternehmer Puffer vorgesehen oder die Leistung eng kalkuliert hat.
Mittel um die Bauzeit einzuhalten
Nicht minder bedeutsam als die Regelungen über die Bauzeit sind Mechanismen, diese auch durchzusetzen. Im klassischen Modell vereinbaren die Vertragspartner eine Vertragsstrafe, die der Unternehmer zahlen muss, wenn er die vertraglich vereinbarte Bauzeit schuldhaft nicht einhält. Die Rechtsprechung ist diesbezüglich sehr streng, so dass auf lange und komplizierte Regelungen verzichtet werden sollte. Der Bauherr muss sicherstellen, dass die Vertragsstrafe an ein Verschulden des Unternehmers und die Überschreitung eines oder mehrerer vertraglich vereinbarter (Zwischen-)Fertigstellungstermine geknüpft ist. Die maximale Vertragsstrafe darf laut Rechtsprechung nur fünf Prozent der Bausumme betragen – und zwar egal wie viele Termine der Bauunternehmer schuldhaft nicht einhält. Viele Vertragsstrafenklauseln sind in der Praxis von vornherein unwirksam – daher sollten sich Bauherren dringend von einem baurechtlich spezialisierten Anwalt beraten lassen. Auch nach Fertigstellung der Bauleistung sollte sich der Bauherr im Abnahmeprotokoll die Geltendmachung der Vertragsstrafe ausdrücklich vorbehalten. Denn nur so steht ihm die Vertragsstrafe offen, wenn es tatsächlich zu einer schuldhaften Verzögerung des Unternehmers gekommen ist – andernfalls kann dem Bauherrn der fehlende Vorbehalt als Verzicht auf die Vertragsstrafe ausgelegt werden.
Auch Bauherren verzögern
Die Bauzeit sollte man aber nicht nur dort im Blick behalten, wo sie im Bauvertrag ausdrücklich geregelt ist, sondern auch bei der Ausgestaltung anderer vertraglicher Regelungen und bei der tatsächlichen Vertragsausführung. Denn es spielt für die Bauzeit eine ganz wesentliche Rolle, welche Leistungen und vor allem Risiken im Verantwortungsbereich des Bauherrn und welche in der des Unternehmers liegen. Zudem sollte der Bauherr stets beachten, dass ihm sogenannte Mitwirkungshandlungen obliegen, die negative Folgen haben können, wenn er sie nicht erfüllt – etwa ein Leistungsverweigerungsrecht des Unternehmers oder eine sogenannte Behinderung.
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Die klassische Mitwirkungsobliegenheit des Bauherrn sieht vor, dem Unternehmer ein bebaubares Baufeld zur Verfügung zu stellen. Das heißt nicht nur, dass die Zufahrt für Baufahrzeuge und die Vorhaltung von Baustrom und Bauwasser auf der Baustelle gewährleistet sein muss, sondern es liegt ausdrücklich auch im Verantwortungsbereich des Bauherrn, ob die Vorleistung eines anderen Unternehmers rechtzeitig fertig wird. Dieses Risiko ist für alle Bauherren bedeutsam, die mehrere Unternehmer für die Bauleistung beauftragen. Wenn etwa der Rohbauer seine Arbeit zu spät beendet, kann der Zimmerer deshalb nicht zum vertraglich vereinbarten Termin mit seiner Leistung beginnen. In diesem Fall kann der Zimmerer gegenüber dem Bauherrn einwenden, seine Mitwirkungspflicht verletzt zu haben, weil das Baufeld nicht zur Verfügung steht. Klingt absurd, ist es aber nicht: Denn gegenüber dem Zimmerer wird dem Bauherrn auch das (alleinige) Fehlverhalten des Rohbauers zugerechnet, die Mitwirkungsobliegenheit ist verschuldensunabhängig. Bauherren können solche Risiken vermeiden, indem sie die Schnittstellen beseitigen und nur einen einzigen Vertragspartner – oft einen Generalunternehmer – beauftragen. Oder aber er sichert sich im Vertragsverhältnis zu allen Unternehmern mit einem einheitlichen und für alle verbindlichen Bauzeitenplan und der Vereinbarung von Vertragsstrafen ab.
Zu Verzögerungen kann es auch dadurch kommen, dass der Bauherr fällige Rechnungen des Unternehmers nicht begleicht und dieser von seinem Leistungsverweigerungsrecht Gebrauch macht. Die Praxis stellt an die Zahlungs- ebenso wie an die Leistungsverweigerung strenge Anforderungen. Behält der Bauherr Zahlungen ein, muss er dies auch begründen können – etwa, weil ein Unternehmer Leistungen, die abgerechnet sind, nicht vollständig oder nicht vertragsgemäß erbracht hat. Auch der Unternehmer sollte mehrfach abwägen, ob er die Leistungen tatsächlich verweigert, riskiert er doch – wenn ihm ein Verweigerungsrecht tatsächlich nicht zustand – die außerordentliche Kündigung und die Auferlegung der Mehrkosten, die der Bauherr durch die dann erforderliche Ersatzbeauftragung hat.
Was im Verantwortungsbereich der Beteiligten liegt, lässt sich oft vertraglich festlegen. Dabei gilt die Grundregel: Nichts gilt pauschal. Zwei extreme Risiken für Bauzeitverlängerungen sind dabei der Baugrund und die Koordination der am Bau Beteiligten. Keines dieser Themen ist immer und pauschal einem Beteiligten, etwa dem Bauherrn, zugewiesen. Die Lösung liegt vielmehr im Vertrag: Es ist dringend zu empfehlen, diese Bereiche verbindlich und transparent zu regeln. Das geht nur dann sinnvoll, wenn die Beteiligten sich vor Vertragsschluss Kenntnisse aneignen – etwa über ein (zu empfehlendes) Baugrundgutachten oder über die bestehenden (zeitlichen wie technischen) Abhängigkeiten zwischen verschiedenen am Bau beteiligten Unternehmern.
Transparenz schafft Frieden
Was aber gilt, wenn der Bauherr seinen Mitwirkungsobliegenheiten nachkommt und auch den Unternehmer kein Verschulden trifft, aber die Baumaßnahme trotzdem in zeitliche Schieflage gerät? Oft stockt die Baustelle wegen schlechten Wetters oder sonstigen unvorhergesehenen Umständen. Entscheidend ist die Ursache: Verschieben si
ch etwa Abdichtungsarbeiten aus vom Unternehmer zu vertretenden Gründen in den Winter oder hat der Unternehmer diese Arbeiten gar dort kalkuliert, so geht einsetzender Frost in jedem Fall zu seinen Lasten.
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Es empfiehlt sich beispielsweise, eine bestimmte Anzahl von Schlechtwettertagen als „Puffer“ im Vertrag festzuhalten.
Letztlich gilt: Wer mit offenen Karten spielt, strickt den besten Vertrag für die Baumaßnahme. Bauherren mit vielen Kenntnissen über das Baufeld und die Bauarbeiten können diese in ausgewogene Vertragsregelungen umsetzen. Ein transparenter und umfassender Bauvertrag ist die beste Chance auf eine fristgerechte Fertigstellung. Text: Dr. Andreas Bahner